Der Zahnbrecher
Holzschnitt von Jost Amman
(aus: Das Ständebuch, 1568)

Begriffe von U bis Z
unbotmäßig
widerspenstig, störrisch
Unehrliche
aus der mittelalterlichen Gesellschaft als recht- und ehrlos ausgegrenzte Bevölkerungs- und Berufsgruppen, wie Fahrende Leute, Juden, Henker, Totengräber, Abdecker/Schinder. Je nach Ort und Zeit sogar u.a. Müller, Bader, Büttel, Schäfer. Prostituierte nicht zu jeder Zeit!
Ungeld
Verbrauchssteuer auf Lebensmittel, ähnlich unserer heutigen Mehrwertsteuer
Unholde
Hexen, Zauberer
Urfehde
Urteilsgehorsam und Gelöbnis von Racheverzicht nach Entlassung aus (Leibes-)Strafe und/oder Haft; auf Bruch der Urfehde stand schwere Strafe
Urgicht
Geständnis des Missetäters vor Gericht, oft durch Folter erpresst
Urinschau
Prüfung des Morgenurins auf etwaige Krankheiten; von der Antike bis in die frühe Neuzeit wichtigstes Mittel der Diagnose gelehrter Ärzte
Vaganten
umherziehende Geistliche und Scholaren, oft gleichbedeutend mit Landstreichern verwendet
vagieren
heimatlos umherstreifen
vakant
frei, unbesetzt
Vasall
Gefolgsmann, Knecht eines (Lehens-)Herrn. Um in dessen Schutz zu stehen, schwor man Treue und Gehorsam, leistete Kriegsdienst
Veitstanz
auch Tanzwut, Tanzplage: mittelalterliche Bezeichnung für die krampfartigen Zuckungen eines Nervenkranken, eines Epileptikers oder eines durch Mutterkorn/Genuss pflanzlicher Drogen Vergifteten. Oft tanzten die Betroffenen, bis Schaum aus dem Mund quoll, Wunden auftraten und sie erschöpft zusammenbrachen
Venenschlagen
alter Begriff für Aderlass: Blutentnahme mittels Messerchen oder Blutegeln, um „verdorbene Säfte“ abzuführen (siehe auch Säftelehre)
Verleger
im ursprünglichen Sinne: Auftraggeber für in Heimarbeit hergestellte Produkte, der auch das Material „vorlegt“ (zumeist im Textilbereich)
Verweser
Verwalter, (vorläufiger) Stellvertreter
Vesper
längeres Stundengebet zum Abend (ca. 18 Uhr), auch in den Pfarrkirchen für Laien
Vesperläuten
Abendläuten
visitieren
(lat. visitare für besuchen) Kontrollbesuche von Kirchenoberen oder Äbten bei ihren Pfarrgemeinden bzw. Klöstern; auch für Leibesvisitation benutzt
Vogt
hoher, meist adliger Beamter als Vertreter eines abwesenden Stadt- oder Landesherrn
Vorburg
eine der eigentlichen Burg vorgelagerte Anlage mit Wirtschaftsgebäuden, Stallungen, Gesindehäuser etc., durch eigene Ringmauer befestigt
Waidmann
alte Bezeichnung für Jäger
Waldglas
grünlich gefärbtes Glas aus Pottasche
Walpurgis
als Datumsangabe nach der heiligen Walburga: 1. Mai
Walstatt
alte Bezeichnung für Schlachtfeld
auf der Walz
auf Wanderschaft; walzen auch für vagabundieren
Wappenrock
auch Waffenrock, Waffenkleid: über dem Kettenpanzer von Rittern getragenes Schutzkleid; um im Kampf Freund und Feind unterscheiden zu können, war es wie auch Schild, Schabracke und Lanze, mit dem Wappen versehen
Wasen
auch Schindanger, Schindacker, Schelmenacker: dörfliches/städtisches Grundstück außerhalb, wo Tierkadaver verwertet und verscharrt wurden. Auch als Grabstätte von Menschen, denen die christliche Bestattung verwehrt war, wie Selbstmördern oder in der frühen Neuzeit Prostituierten
Wasenmeister
auch Schinder: Abdecker, der Tierkadaver beseitigt und verwertet (zu den Unehrlichen gerechnet)
Wehmutter
Hebamme
Wehrgang
geschützter Gang auf Festungs- oder Stadtmauern zur Verteidigung
Weißpfennig
Silberpfennig
Welfen
mittelalterliches Herrschergeschlecht mit Stammsitz in Oberschwaben (Weingarten), Gegenspieler der Hohenstaufen (Staufer)
Wildbann
alleiniges Jagdrecht eines Landesherrn
Winkelbordell
heimliches Freudenhaus
Winkelehe
heimliche Ehe, Liebschaft (der Wortteil Winkel beinhaltet die Eigenschaft heimlich, inoffiziel - heute noch im Begriff Winkeladvokatl)
Wittelsbacher
eines der ältesten dt. Adelsgeschlechter, das bayerische und pfälzische Herrscher hervorbrachte
Wechselbalg
abergläubische Vorstellung eines von Hexen oder Teufeln untergeschobenen Säuglings (Balg) im Austausch gegen das eigene Kind
welsch, Welsche
veraltet für fremdländisch/Fremde aus romanischen Ländern
Wochenbett
auch Kindbett: Erholungszeit der Mutter unmittelbar nach der Geburt
Wundarzt
Auch Chirurgus, eng verwandt mit Bader; im Gegensatz zum gelehrten Medicus ein Handwerksberuf (Arzt der kleinen Leute). Untersteht wie die städtische Hebamme und der Apotheker dem i.d.R. studierten Stadtarzt
Zähringer
Fürstengeschlecht aus dem Breisgau, das sich im Hochmittelalter als Stadtgründer hervortat
Zehnt
Abgabe (Geld oder Naturalien) an Kirche oder weltlichen Grundherrn
Zeitler
Imker
Zeitung
veraltet für: Nachricht, Ereignis
Zelter
leichtes Reitpferd, das die bequeme Gangart des Tölt beherrschte, im Mittelalter speziell für Frauen und Geistliche gezüchtet; ihnen gegenüber standen die schwereren Schlachtrösser
Ziehmutter
Pflegemutter, Stiefmutter
Zinken
Geheimzeichen des fahrenden Volks und von Räubern
Zinsbauern
einem Grundherrn oder Kloster abgabepflichtige Bauern
Zoll
altes Längenmaß, zwischen zwei und drei Zentimetern
Zuber
auch Bütte: großes, fassförmiges Holzgefäß zum Baden und Wäschewaschen
Züchtling
veraltet: Zuchthausinsasse
Zunft
christliche Genossenschaft von Handwerkern zur Wahrung gemeinsamer Interessen, vom Mittelalter bis ins 19. Jh.
Zwerchpfeife
kleine Querflöte, von zwerch: quer. Heute noch im Begriff Zwerchfell
Zwinger
mit einem zweiten Mauerring befestigtes Areal rund um eine Festung; auch manche Stadttore befestigte man in dieser Weise (Doppeltoranlage)